Vietnam hatten wir uns also ausgeguckt. Von dort aus kann man von Nord nach Süd noch einige Länder kennenlernen und sich immer entlang der Küste orientieren. Das wären dann entspannte flache Kilometer, die sich schnell fahren würden. Soweit der Plan. Nun, wie es aber mit Plänen so ist, ist knapp 2 Wochen nachdem wir in Hanoi gelandet sind schon alles ganz anders. Aber von vorne:
Zunächst einmal schauten wir in Muskat nach Flügen und entdeckten, dass die eher immer teurer wurden als günstiger. Also buchten wir kurzentschlossen recht spontan einen Flug für in ein paar Tagen. Innerhalb dieser Tage schafften wir es tatsächlich die kaputte Felge zu erneuern, neue Ketten und Ritzel an die Fahrräder zu bauen, uns Fahrrad-Kartons für den Flug zu organisieren, das Visum für Vietnam zu beantragen, uns eine Taschenpacktechnik für den Flug zu überlegen und eine grobe Routenplanung für Südostasien zu erstellen.
Flug
Am Tag des Fluges sind wir also mit den Fahrrädern und Gepäck zum Flughafen gefahren und haben erst einmal hibbelig darauf gewartet, dass unsere Abmachung mit dem Fahrradladen klappte. Die Jungs von dort wollten uns nämlich die Fahrradkisten zum Flughafen bringen. Das funktionierte auch wunderbar und sofort machten wir uns daran die Räder auseinander zu bauen und in die Kisten zu verpacken. Das verlief natürlich nicht so reibungslos, wie wir uns das vorgestellt hatten und am Ende waren die Kisten eigentlich viel zu klein und eins der Fahrräder wollte sich einfach nicht die Pedale abschrauben lassen. Letztendlich bekamen wir alles aber irgendwie verpackt. Dank unserer Probleme mit den Pedalen, für die wir im Flughafen nach Werkzeug gefragt hatten, begegneten wir dann auch noch einem Mann, der ein wahrer Glücksbringer sein sollte. Wir sollten zur Gepäckaufgabe an seinen Schalter kommen. Das taten wir natürlich brav. Er wog also unser Gepäck, ging dann zum Schalter der Airline, sprach mit den Angestellten dort, kam zu uns zurück und gab uns die Rechnung, die wir für das Sperrgepäck noch zu zahlen hätten. Ungläubig starrten wir auf die Rechnung und dachten, dass da wohl was schief gelaufen war. Denn statt 3 Kisten, stand dort nur der Preis für eine. Er versicherte uns aber, dass das alles seine Richtigkeit hatte. Wir zahlten also, gaben das Gepäck auf und hofften das Beste. Einerseits freuten wir uns riesig, denn so hatten wir locker 300€ gespart, so richtig glauben konnten wir es aber nicht.
Um das ganze nun etwas ab zu kürzen: der Flug verlief reibungslos, alle Gepäckstücke sind angekommen und die Fahrräder sind heile geblieben. Und wir haben trotzdem nur für ein Sperrgepäck bezahlt…Nach all den Horrorgeschichten vom Fliegen mit Fahrrädern haben wir jetzt also mal eine Erfolgsstory.
Ankunft
In Hanoi angekommen war natürlich aber nicht alles glatt gelaufen. Irgendwas ist ja immer. Wir hatten online für Vietnam ein 30 Tage e-Visum beantragt. Zwar relativ kurzfristig aber laut Aussage der offiziellen Seite sollte die Bearbeitungszeit dafür bei 3 Werktagen liegen. Und die Zeit hatten wir immerhin eingehalten. Allerdings hatten wir beide keine Rückmeldung dazu erhalten. Wir hatten also kein 30 Tage Visum zur Einreise vorzuweisen. Unsere Hoffnung, dass man am Flughafen vielleicht doch noch eine Visa on Arrival beantragen kann wurde leider nicht erfüllt. Somit blieben uns als deutsche Staatsbürger ohne Visum nur 15 Tage in Vietnam. Nun gut, dann halt nur 15 Tage.
Neuer Plan
Um innerhalb von 15 Tagen das Land zu verlassen, mussten wir unseren schön geplanten Plan, entspannt den wohl wirklich schönen Norden Vietnams zu erkunden, also das erste Mal ändern. Nun peilten wir auf direktem Wege die einzig passierbare Landgrenze an, an der man für Laos ein Visa on Arrival bekommt. Der passierbare Grenzpunkt lag nur leider 800km in Richtung Süden. Also nichts mit Norden und Entspannung war auch nicht drin. Kurz hatten wir noch die Überlegung vielleicht doch den Norden zu erkunden und dann mit dem Bus zur Grenze zu fahren. Nachdem wir aber erfuhren, dass die Fahrt mit dem Bus 16 Stunden dauern sollte, legten wir diesen Plan endgültig ad Acta. Lange Busreisen hatte wir erst einmal genug…
Hanoi
In Hanoi erfreuten wir ins zunächst sehr an der Andersartigkeit des Landes. Der Verkehr war heftig. Da wir ja nun aber auch schon einiges gewohnt sind, konnten wir uns recht schnell anpassen. Die vielen Roller und Motorräder helfen dabei tatsächlich sehr. Man muss nur mitschwimmen und darf niemals bremsen, dann passiert eigentlich auch nichts.
Die Suppen vom Straßenrand entzückten uns und wir waren ganz fasziniert davon, wie gut man Suppe mit Stäbchen essen kann. Und: es gab wieder Bier! Herrlich.
Nach einigen Tagen im Hostel, die wir dafür nutzen den Mini Jetlag auszukurieren, ging es dann los.
Verkehr
Erst einmal raus aus dem Stadt Getümmel. Schnell stellten wir fest, dass nicht nur Rollerfahrer ihre Hupe benutzen, sondern vor allem auch die LKW Fahrer. Auch das kennen wir schon aus anderen Ländern. Oft wird die Hupe dafür genutzt, um kurz bescheid zu geben, dass man überholt wird. Das ist beim Radfahren tatsächlich auch ganz angenehm, weil man dann Bescheid weiß, dass wohl jetzt jemand kommt. Die Vietnamesen jedoch übertreiben maßlos. Wirklich MAßLOS!!! Und zwar nicht nur beim Hupen. Während wir den Fahrstil anderer Länder schon als grenzwertig sicher eingeschätzt haben, hat sich unsere Skala hier noch einmal extrem verschoben. In Vietnam gilt definitiv das Recht des Stärksten. Mit einem LKW kann man alles zu jeder Zeit und egal auf welcher Straßenseite machen. Die überholen in Situationen in denen man einfach nur schreien möchte. Und dabei hupen sie dann konstant, um auch sicher zu gehen, dass ihnen Platz gemacht wird. Und diese Hupen sind einfach unfassbar, UNFASSBAR laut. Also wirklich OHRENBETÄUBEND L A U T.
Wenn ein LKW in einen Ort fährt, dann hupt er einfach konstant und ballert mit völlig unangemessener Geschwindigkeit die Straße entlang. Achso, und wenn wir schon bei Orten sind… Die sind eigentlich überall. Vietnam hat einfach mal 98 Millionen Menschen, die alle irgendwo in diesem schmalen Land wohnen müssen. Es gibt somit eigentlich keine Orte, wie wir das kennen. Es ist einfach alles entlang der Straßen bebaut. Ihr könnt euch jetzt vielleicht in etwa vorstellen wie oft ein LKW Fahrer (nicht) auf die Hupe drückt…
Menschen
Der durchgehend stark frequente und vor allem laute Verkehr war das eine. Hinzu kam nun aber auch, dass es einfach schwierig war mal für sich zu sein und die Landschaft zu genießen. Es gab eigentlich nie die Möglichkeit mal am Straßenrand anzuhalten und für sich Pause zu machen, weil einfach alles neben der Straße von Menschen besiedelt ist. Wenn wir Pause machen wollten, ging das also nur in einer der Straßenküchen oder -caffees.
Man war nun aber schon während des Fahrradfahrens vom Verkehr und der Lautstärke genervt und saß dann umzingelt vom neugierigen, aufgeregten Menschen, die mehr oder weniger heimlich von uns Fotos machten. Das wäre prinzipiell auch alles erträglich, wenn wir dann nicht ständig das Gefühl gehabt hätten mindestens den doppelten Preis für alles zu zahlen. Sie haben es einem wirklich nicht leicht gemacht sich im Land wohl zu fühlen, diese Vietnamesen. Auch wenn wir vom Straßenrand häufig und oft mit einem lauten Hellauuu gegrüßt wurden, fiel es uns schwer sich darüber zu freuen.
Sicherlich hing das aber vor allem mit der Gesamtsituation zusammen. Es war einfach jeden Tag sehr viel und sehr laut und es gab kaum Möglichkeiten sich dem zu entziehen. Das zehrt einfach nach einer Weile ziemlich. Unter anderen Umständen und mit einem anderen Verkehrsmittel und Reisestil, hätten wir uns sicherlich mehr über die Art der Menschen gefreut. Letztendlich sind sie ja alle bloß neugierig und sie freuen sich genau so über unsere Andersartigkeit, wie wir uns über ihre.
Nachts
Einzig abends hatten wir sowas wie Ruhe. Anders als in den Ländern zuvor, haben wir in Vietnam nicht ein einziges mal im Zelt übernachtet. Es war schlicht nicht möglich, weil alles bebaut oder Reisfeld ist. Die Zimmer hier sind aber sehr günstig, haben eine Klimaanlage, eine Dusche und vor allem ein Bett. Eigentlich richtiger Luxus also, an den wir uns wohl auch gewöhnen könnten. Nach einigen Nächte sehnten wir uns dann aber doch auch wieder nach der Natur, vor allem nach dem Alleinsein ohne andere Menschen vor der Tür.
Essen
Vor allem aber sehnten wir uns nach etwas anderem zu essen. Es gab morgens, mittags, abends einfach immer Suppe. Die schmeckte uns ja am Anfang auch gut, aber irgendwann war es dann doch zu viel. Obwohl diese Suppen immer super frisch zubereitet sind, konnten wir sie einfach nicht mehr sehen. Allerdings waren wir daran gebunden, da es so gut wie keine anderen Einkaufsmöglichkeiten gibt. Selber Kochen war also auch nicht drin. Das ist eigentlich auch nicht notwendig, da alle paar Meter eine Suppe Küche ist, aber nun ja… Suppe ist einfach kein sonderlich gutes Radfahreressen. Aber auch hier gilt, dass es unter anderen Umständen kulinarischer sicherlich ein interessantes Land ist. Nur, wenn man viel Essen mit viel Energie braucht, dann sind Suppen nicht das Richtige.
Aber: Kaffee können sie! Den gibt es frisch gefiltert und mit ordentlich viel gezuckerter Kondensmilch. Wunderbar!
Wie in Trance
Dank des günstigen Windes und der nicht ganz so vielen Höhenmeter, spulten wir tagtäglich unsere Kilometer Richtung Grenze ab und erfreuten uns an den deutlich angenehmeren Temperaturen, Wolken, Büffeln, grünen Bäumen, damit einhergehendem Schatten (hatten wir davor auch schon lange nicht mehr) und Bananen vom Straßenrand. An manchen Tagen gelang uns das besser, an manchen Tagen hatten wir einfach nur schlechte Laune. Aber Büffelbabys konnten uns eigentlich immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Manche Tage vergingen wirklich wie in Trance. Wir machten wenige Pausen und die Häuser, Menschen und Reisfelder flogen nur so an uns vorbei. Einen kleine Zwischenstopp erlaubten wir uns aber doch, da wir ausreichend Zeit herausgefahren hatten.
Höhle
Um wenigstens ein bisschen was schönes in Vietnam gesehen zu haben, blieben wir für 2 Nächte in einem Nationalpark und guckten uns noch eine Höhle an, die völlig verdient den Namen Paradieshöhle trägt. Sie ist riesig und wirklich atemberaubend schön. Die Formationen, die dort drin über Jahrtausende entstanden sind kann man gar nicht in Worte fassen. Googlet das Mal, dann erahnt ihr vielleicht, warum sich das schwer beschreiben lässt. Somit war das ein wirklich lohnenswerter Besuch, der uns die Schönheit der Natur zum Ende in Vietnam doch noch einmal aufgezeigt hat. Und ganz sicher gibt es auch noch viel mehr Orte und Sehenswürdigkeiten in diesem Land, in deren Genuss wir aufgrund der Kürze der Zeit nicht gekommen sind. Für uns war Vietnam ein Rausch an Menschen, Rollern, Suppenständen, Reisfelder und grüne Bergen. Mit dem Fahrrad empfehlen wir es definitiv nicht, aber mit einem Moped ist es bestimmt eine verrückte Erfahrung. Also, Augen auf bei der Verkehrsmittelwahl!
Laos
Ein paar Tage nach der Höhle standen wir dann an der Grenze zu Laos und waren froh und stolz zugleich. Knappe 800 km in 9 Fahrtagen geschafft zu haben ist für uns definitiv ein Rekord. Allerdings kein erstrebenswerter. Entspannt durch die Gegend fahren ist viel besser! Froh nun in einem anderen Land zu sein, schauen wir mal, ob es für uns hier besser wird. Bisher ist es definitiv viel ruhiger auf den Straßen, was schon einmal eine große Erleichterung ist. Essenstechnisch scheint es jedoch nicht viel anders zu sein aber so kurz hinter der Grenze lässt sich das immer schwer sagen. Dafür gibt es aber nicht so viele Menschen und man findet auch mal ein unbebautes Plätzchen für sich selbst, sodass man das Land und die Natur auch wieder genießen kann. Wir sind also guter Dinge. Jetzt kurieren wir noch unseren Durchfall aus, den wir uns natürlich auch noch eingefangen haben (Standardprogramm für Südostasien) und dann geht sie weiter, die wilde Fahrt.
Den Plan von Nord nach Süd zu fahren habe wir inzwischen auch schon wieder verworfen, wir fahren jetzt erstmal wieder gen Norden. Wenn wir schon nicht im Norden Vietnams waren, dann wenigstens im Norden von Laos.
Habt ihr noch vor, nach Kambodscha weiterzuradeln? Zur alten Hauptstadt der Khmer? Die mit den ganzen Vats?