Ungarn, Kroatien, Serbien

Wieder drei auf einen Streich. Diesmal keine Städte sondern Länder. Nach Budapest ging es weiter zur nächsten Balkan Hauptstadt. Und damit erstmalig auch raus aus der EU. Wird es wohl einen spannenderen Grenzübergang geben?

 

Budapest Belgrad

  • 537 km
  • 8 Etappen
  • 14 Tage

Hier nun zunächst wieder eine Zusammenfassung, weiter unten dann die Etappenbeschreibungen:

 

Ungarn:

Wie im vorangegangen Blog zu lesen, haben wir uns also zusammen mit Viktor auf den Weg gemacht. Zunächst wieder aus der Stadt raus bis es wieder entspannt an der Donau entlang ging. Offenbar machen viele Ungarn entlang der Donau Urlaub. Hier gibt es viele kleine, zum Teil sehr niedliche Ferienhäuser. Es ist auf jeden Fall sehr idyllisch.

 

Ansonsten ging ein Großteil der Strecke wieder auf einem Damm entlang. Lange Stücke auch unbefestigt nur übers Gras. Das ist auf Dauer enorm nervig, weil es alles ordentlich durchwackelt. Vor allem auch die Nerven. Dafür wurden wir abends immer mit traumhaften Schlafplätzen belohnt. Das hat für die relativ langweiligen Abschnitte definitiv alles wieder wett gemacht.

 

Nachdem wir das Freilaufproblem (siehe letzte Blog) beheben konnten, machten wir uns endlich wieder auf den Weg. Wir waren ja eigentlich fast bis an die Grenze gekommen, so wie wir es uns vorgenommen hatten. Nun ging es also endlich weiter und wir mussten uns zunächst zwischen 2 Ländern entscheiden. Kroatien oder gleich nach Serbien? Wir entschieden uns für einen kleinen Abstecher nach Kroatien. Wenn wir schon Länderpunkte sammeln können, warum nicht?

 

Kroatien

Unerwarteter Weise war es hier nun schon so weit: Die erste Grenze mit Grenzkontrolle. Sehr aufregend. Aufregend war dann auch die Wolke, die hinter uns her zog und uns bedrohlich dicht auf den Fersen war. Wie es natürlich nicht anders hätte sein können, fing es dann so dermaßen plötzlich und stark an zu regnen, dass wir trotz unseres schnell gefundenen Unterschlupfs einmal nass waren. Haben wir das also auch erlebt.

 

Ansonsten waren wir zunächst angetan von der Landschaft und den Orten, die doch irgendwie anders aussehen als in Ungarn. Es ist schwer zu beschreiben aber sie wirken etwas lebendiger. Trotz der vielen verlassenen und zerfallenen Häuser, die die Balkankriege zurückgelassen haben, war Leben in den Straßen und viele Menschen in ihren Gärten beschäftigt und auf der Straße unterwegs. In Kroatien hatten wir auch das erste Mal, dass uns Menschen freundlich gewunken haben oder uns freundlich aus dem Auto zugehupt wurde. 

 

Serbien

Nun ging es also das erste mal heraus aus der EU. Dafür ging es zunächst über die kroatische Grenze, dann durch ein Stückchen „Niemandsland“ und dann über die Serbische Grenzkontrolle, die uns den 1. Stempel der Reise im Reisepass bescherte. In Serbien ging es dann zunächst wieder einmal durch einen Nationalpark. Und offenbar scheint das so ein Ding von Nationalparks zu sein: es ging wieder einmal ordentlich hoch (und selten auch runter). Dafür war es zur Abwechslung einmal schön schattig. Die Temperaturen mittlerweile ziemlich schweißtreibend, sodass jedes schattige Fleckchen zum Fahren ausgenutzt wird. Nun hatten wir zufriedenstellend viel Schatten, dafür aber fliegende Nervensägen die permanent vor unseren Gesichtern herumschwirrten. Winzige Fliegen (oder was auch immer), die uns offenbar äußerst interessant fanden, wann immer wir langsam genug fuhren. Immer, wenn es also bergauf ging, flogen uns die Viecher vor den Augen herum und haben unsere Geduldsfäden ins unermessliche strapaziert. Wenn es hoch geht ist man eh meistens schon sehr damit beschäftigt zu überleben, wenn dann auch noch jemand nervt…

Jede Abfahrt wurde also genutzt die Plagegeister wieder loszuwerden. Der Park hatte super viele super schöne kleine Picknick Plätze (bicycle rest areas) entlang der Strecke, die wir ausgiebig genutzt haben. Und die ganze Schinderei wurde wieder einmal belohnt mit schönen Weitblicken ins Land. 

Nach dem Nationalpark sind wir nun in Belgrad angekommen und haben nun das 1. Mal seit ewigen Zeiten wieder in einem Bett geschlafen. Herrlich! 

 

Belgrad ist nun die letzte Hauptstadt entlang der Donau. Morgen gehts weiter zunächst durch‘s Eiserne Tor und dann Richtung Sofia als nächstes größeres Ziel. Bis dahin gibt es wieder ein paar Berge zu überwinden. Mal schauen was die Beine nach einem Tag Pause morgen sagen werden.

 

 

Etappenbeschreibungen:

 

1.6.

Budapest Tass  (73 km)

Aus dem Getümmel raus und wieder am Fluss entlang. Dort angekommen hatte Viktor seinen 1. Platten. Der war aber schnell behoben und weiter ging’s. Zunächst über recht holprige Wege, wo wir zwischendurch immer wieder neidisch auf Viktors Mountain Bike schauten. Den Ganzen Tag ging es an Ferienhäusern vorbei, die entlang der Donau aufgereiht, wie auf einer Perlenkette liegen. Im Sommer ist hier bestimmt die Hölle los. Wir waren froh, dass uns nur selten ein Auto entgegenkam und man auch sonst sehr entspannt fahren konnte ohne Angst haben zu müssen jemanden umzufahren.

Abends haben wir uns ein Waldstück ausgeguckt, was einen herrlichen Platz zu bieten hatte. Kurz vorher hörten wir aber wieder ein lautes Zischen und wieder hatte es Viktor‘s Reifen entschärft. Diesmal den anderen. Nach der Reparatur wurde der Zugang zum Wasser direkt als Wiedergutmachung genutzt und im Laufe des Abends auch die Feuerstelle.

 

 

2.6.

Tass Foktö (74 km)

Am nächsten Tag ging es wieder rauf auf den Deich. Diesmal recht viel über unbefestigte Stücke. Zwischendurch zieht man es tatsächlich in Erwägung die 10 km Umweg auf der Straße in Kauf zu nehmen. Wir haben uns aber fast immer dagegen entschieden, weil es auf dem Deich tatsächlich auch irgendwie schön war. Vorbei an Schafen und auch einem Esel war es sehr idyllisch. Und als wir dann ein Stückchen Straße entlang gefahren sind, gab es wieder ein uns mittlerweile sehr bekanntes Geräusch zu hören und ein drittes Mal war Viktors Reifen platt. Routiniert war das Problem schnell wieder behoben und Viktor aber zunehmen verunsichert. Im nächsten Ort besorgte er sich daher einen neuen Reifen.

Am Ende des Tages ging es wieder in ein Wald Stück. Diesmal ein sehr urwaldiges und schlammiges. Am Ende eines Tages ist das keine besonders erfreuliche Strecke. Ordentlich vollgeschlammt sind wir dann aber am Traumstrand angekommen. Ein herrlicher Sandstrand nur für uns. Herrlich! Abends gab’s wieder ein Lagerfeuer und alles war gut.

 

 

3.6.

Foktö Baja (42 km)

Da Viktor über Nacht auf seiner Wasserblase (Trinksack) gelegen hatte, war sein Schlafsack nass. Irgendwie hat ihn das Pech verfolgt. Daher trocknete er seine Sachen und wir machten uns schon mal auf den Weg. Mit seinem Mountainbike war Viktor im Wald eh deutlich schneller unterwegs als wir. Nach dem Wald ging es dann wieder den Deich entlang. Diesmal war der aber asphaltiert und damit super schnell. Wir sind also in den nächsten Ort gerast, wo uns Viktor dann auch wieder zur Mittagspause Gesellschaft leistete. 

Und dann ging die Suche nach einem Fahrradladen los, der sich mit einem Freilauf auskennt. Nachdem Laden Nr. 1 sehr viel WD40 auf die Nabe sprühte, gab es in Laden Nr. 2 dann jemanden, der fix alles auseinandergeschraubt hatte und das Problem erkannte. Nach kurzer Recherche stellte sich heraus, dass es genau einen einzigen Freilauf in Ungarn gab, der am Mittwoch ankommen könnte. Nun gut. Pause für uns…

 

 

3.6.-9.6.

Baja

Baja ist ein sehr niedlicher und gepflegter Ort mit super Strand an der Donau. Es gibt viele Eisdielen und sogar die ein oder andere Langos-Bude, die man sonst eigentlich nie sieht. Gefühlt gibt es auf jedem Rummel in Deutschland mehr Langos-Stände als in Ungarn. Leider hatte keine einzige Langos Bude auf. Offenbar waren wir noch vor der Hauptsaison dort. Trotzdem hat es uns gut getroffen mit unserer Zwangspause. Ein süßer Urlaubsort, eine „eigene“ Wohnung, Supermärkte um die Ecke und ein Fahrradladen, der uns helfen konnte.

 

 

10.6.

Baja Suza (96 km)

Nun sollte man meinen, dass nach einer so langen Pause die Beine wieder fit sind. Sie sollten gut erholt und vor allem gewappnet für die nächsten Etappen sein, schließlich mussten sie ja schon ein paar Tage strampeln. Da sollten sich doch mittlerweile Muskeln angesammelt haben. Aber weit gefehlt. Nach den ersten Kilometern merkten wir sie sofort wieder und es ist wieder alles beim alten. Bei jedem Anstieg sagen sie: och nööö.

 

Glücklicherweise hatten wir ordentlich Rückenwind, sodass wir wieder durchs Land flogen. So schnell, dass wir 10km zu weit auf unserem geliebten Damm entlang gefahren sind. Ärgerlich, wenn man dann zurück muss. Der Wind weht nämlich einfach weiter in die selbe Richtung… Nach 20km Umweg haben wir es dann trotzdem zur kroatischen Grenze geschafft, wo wir tief in unseren Taschen nach unseren Reisepässen graben mussten. Die brauchten wir bisher ja nie. Nach den kritischen Blicken der Zollbeamten, blickten wir kritisch über unsere Schultern hinter uns. Denn dort hatte sich eine mächtige Wolke zusammengebraut, die uns offenbar gefolgt war. 

 

Sehr beeindruckt machten wir uns schleunigst auf den Weg, um unser Etappenziel möglichst trocken zu erreichen. Und gerade als wir glaubten, dass die Wolke vorbei zieht fing es dann doch noch wie aus dem Nichts von jetzt auf gleich heftig an zu schütten. Wie es der Zufall wollte, konnten wir direkt in einen Unterschlupf rollen. Doch allein die 20m haben uns einmal durchnässt. Nach 15 Minuten war der Spuk aber wieder vorbei und wir sind die letzten Kilometer zum Zeltplatz geradelt, wo wir die Nacht trocken verbringen konnten.

 

 

11.6.

Suza Sotin (86 km)

Weiter ging’s auf der wohl ödesten Etappe der bisherigen Tour. Ab Kroatien hören die Fahrradwege auf und man fährt hauptsächlich auf Straßen. Das muss nicht immer schlecht sein. In Tschechien haben wir damit schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Auf dieser Etappe waren die Straßen aber doch recht viel frequentiert, sodass man nicht gemütlich nebeneinander fahren konnte. Zudem gab es wieder Felder mit folgenden Kulturen und sich wiederholender Abfolge anzuschauen: Sonnenblumen, Mais, Apfelplantagen, Kirschplantagen, Mohn, Gerste. Immerhin ein bisschen anders als in Deutschland und wir haben wieder ordentlich Strecke geschafft. Meistens wurden wir an nervigen Tagen mir schönen Schlafplätzen belohnt, doch auch dieser blieb uns diesmal verwehrt. Mehr schlecht als recht haben wir also die Nacht zugebracht und haben uns am nächsten Tag früh wieder in den Sattel geschwungen.

 

12.6.

Sotin Lizimir (57 km)

Obwohl es Sonntag war, haben wir glücklicherweise einen geöffneten Laden gefunden, der uns mit Essen und Wasser für die nächsten 2 Tage eindeckte. Wir wollten nämlich eine Strecke fahren auf der wir uns nicht sicher waren, wie es mit Einkaufsmöglichkeiten aussah. Also: Die Stahlrösser vollgeladen und auf ging’s zur serbischen Grenze. Die Reisepässe waren diesmal schon etwas weiter oben im Gepäck und die Abwicklung ging reibungslos. Und schon waren wir in Serbien. Und schon ging es auch in einen Nationalpark, der schöne Landschaft und tolle Aussichten versprach. Es war eine schweißtreibende Angelegenheit sich auf den Bergrücken zu strampeln. Es ist mittlerweile tagsüber sehr warm und an diesem Tag gab es auch kaum ein Lüftchen, was einen abkühlen könnte. Dafür hatten wir eine ruhige Straße und schattige Bäume, die das ganze erträglich machten. Nach 700 Höhenmetern hatten wir unser auserkorenes Ziel erreicht. Ein Hotel ganz für uns allein. Hinter dem Gebäue wies ein großes rotes Schild mit einem Totenkopf darauf hin, dass es sich um vermientes Gebiet handelt. Das Hotel ist vom Krieg zerstört und der Nationalpark nicht von allen Munitionen und Sprengkörpern befreit. Wieder einmal eine traurige Erinnerung an das von dem wir dachten, dass es der Vergangenheit angehört…

Das Hotel muss definitiv eine Top Adresse gewesen sein. Die Aussicht war wundervoll.



13.6.

Lizimir Cortanovici (47 km)

Heute wurden wieder richtig viele Höhenmeter geschrubbt. Es gab quasi keinen Moment, den es einfach nur geradeaus ging. Hoch, hoch, hoch und noch weiter hoch und dann ein kurzes Stückchen runter bevor es wieder hoch ging.

Wir sind früh gestartet, um der Hitze zuvorzukommen. Das war auch gut so, denn trotz der verhältnismäßig schattigen Strecke trieften wir aus allen Poren. Für die Aussichten hat es sich aber gelohnt. Und wir haben einen Hirschkäfer gesehen! Das war eigentlich das beste an allem.



14.6.

Cortanovici Belgrad (60 km)

Nach den Bergen waren wir ganz froh wieder eine flache Etappe zu haben. Und diese ging auch so schnell vorbei, dass wir es gar nicht glauben konnten Mittags schon am Ziel zu sein. Allerdings waren wir auch froh, denn alles was wir zu sehen bekommen hatten waren Felder, Felder und Felder. Dafür aber gut asphaltierte Straßen und Rückenwind. Wooohooo. 



15.6.

Belgrad

Belgrad wurde 44 Mal durch Kriege zerstört. 44 Mal!!! Entsprechend oft also auch wieder aufgebaut. Daher ist das Stadtbild bunt zusammengewürfelt. Hier ein paar Reste aus der türkischen Herrschaftszeit, dort ein bisschen Kommunismus und zwischendrin auch noch ein Gebäude aus der Zeit, als Belgrad ein Geschenk von Österreich an einen eingeheiratetes Familienmitglied war. Wieder einmal haben wir unsere Wissenslücken in der europäischen Geschichte ein kleines bisschen füllen können. Der Balkan ist schon eine verrückte Truppe. Bleibt nur zu hoffen, dass sie in Zukunft friedlich nebeneinander leben.

 

 

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass es uns doch erschüttert hat, wie sehr man die Kriegsschäden nach fast 30 Jahren in den Ländern noch sehen kann. Gleichzeitig ist es aber auch schön zu sehen, dass die Orte nicht verlassen sind, sondern weiterhin fleißig Häuser gebaut werden (wenn auch nicht immer ganz fertig) und ein Treiben auf den Straßen herrscht. Die Menschen sind freundlich und zum ersten mal auf der Reise fühlen wir uns nicht unbeachtet. 

 

Wir machen uns nun ein letztes Mal auf, um entlang der Donau zu fahren. Nach dem Eisernen Tor (Aufklärung folgt vermutlich im nächsten Blog) werden wir nach Süden abbiegen, um nach Sofia zu kommen. Mal schauen, was die Serben und die Bulgaren für uns bereit halten…

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Bettina

    Super toll geschrieben! Vielen Dank, dass ihr uns teilhaben lasst!
    Wie seid ihr eigentlich mit den Bikes und dem Equipment an sich zufrieden? Könnt ihr schon ein erstes Fazit ziehen? Und auch: zu viel/zu wenig dabei?
    Fragen über Fragen… 🙂
    Liebe Grüße,
    Bettina

  2. Ralf vom Berge

    Das ist ja schon beim Lesen anstrengend – gleich erst mal in den Liegestuhl und erholen (altersangemessene Faulheitsattacke) … :oD
    Wie macht ihr das unterwegs mit Klamottenwaschen?

  3. Ralf vom Berge

    Kriegsschäden waren bei uns stellenweise noch bis in die 70er sichtbar, und der Balkan ist nicht reich …

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