Die Schlucht zum Meer

Nach Cappadocia hatten wir uns entschieden einen Teil der Türkei mit dem Bus zu durchfahren. Die Landschaft wäre für etwa zwei weitere Wochen staubig, trocken und endlos gewesen. Darauf hatten wir wenig Lust, also beschlossen wir mit dem Bus ans andere Ende zu fahren um von dort aus an die Küste zu radeln. Wir hatten eine Strecke gefunden, die vielversprechend aussah und die wir noch erkunden wollten, bevor wir ins nächste Land übersetzten.

Unser ursprünglicher Plan die Strecke mit dem Zug zurückzulegen wurde dadurch durchkreuzt, dass der Zug für den Tag schon ausgebucht war. Notgedrungen mussten wir also auf die teurere Variante zurückgreifen und den Bus nehmen. Zudem mussten wir weitere 10km durch die Stadt ans andere Ende fahren, um vom Bahnhof zum Busbahnhof zu gelangen. Stadtdurchfahrten sind immer nervenaufreibend, sodass wir uns nur missmutig auf den Weg dorthin machten.

Dort angekommen war diesmal auch die Mitnahme der Räder nicht ganz so unproblematisch wie wir es gewohnt waren. Zwar hatten wir Tickets und uns wurde am Schalter auch zugesichert, dass wir die Fahrräder mitnehmen können. Allerdings sah der Busfahrer das anders und bestand darauf, dass wir noch zusätzlich etwas zahlten. Wir versuchten zwar klar zu machen, dass uns die Mitnahme schon zugesichert wurde, dennoch ließ er sich nicht überzeugen und wurde in typischer türkischer Art immer lauter und aufbrausender, woraufhin wir ihm also zähneknirschend noch etwas extra bezahlten, was er sich dann (hoffentlich nur vorübergehend) in seine eigene Hosentasche steckte.
Während wir in ländlichen Regionen oft zugeschüttet wurden mit Geschenken und uns oft verwehrt wurde zu bezahlen, hatten wir insbesondere in touristischen Gegenden einen anderen Eindruck. Hier herrscht oft recht große Willkür, was die Preise betrifft und man sollte in solchen Situationen immer versuchen zu handeln, um einen halbwegs fairen Preis rauszuschlagen.
Im Falle des Busfahrers hätte es sicherlich auch ganz anders laufen können. Nur war dieses Exemplar eben der Meinung, dass es mehr kostet wenn man ein Fahrrad mitnimmt. Auch wenn Berufskollegen das anders handhaben. 
Nachdem wir bezahlt hatten setzten wir uns ziemlich bedient in den Bus und ließe die unbequeme Nacht über uns ergehen, bis wir um 3 Uhr morgens nach 650km in Erzurum angekommen waren.

Erzurum ➱ Georgien
14.8. – 17.8.
Dort angekommen sah es genau so aus wir dort wo wir eingestiegen waren. Wir waren also sehr froh den Teil dazwischen übersprungen zu haben. Nach einem halben Tag auf dem Rad änderte sich die Gegend auch und nachdem wir einen Pass erklommen hatten, schauten wir in ein wunderschönes Bergpanorama. Noch etwas gerädert von der Nacht beschlossen wir es bei einer kurzen Etappe zu belassen und stellten unser Zelt auf einer Anhöhe auf und genossen den Blick.

In der Schlucht 
Die nächsten Tage fuhren wir dann durch die Berge zum Meer. Größtenteils ging es dabei bergab. Jedoch machten uns der schlechte Asphalt und der extreme Gegenwind einen ordentlichen Strich durch die Vorfreude auf die Abfahrt. Zunächst konnten wir aber die Landschaft genießen, die ein weiteres Mal wirklich beeindruckend war. Ganz anders als zuvor gab es hier steile und schroffe Berge. Je weiter man ins Innere der Bergkette kam, desto rauer schien es zu werden. Keine Pflanzen waren mehr zu sehen. Nur noch Gestein. Mit jeder Stunde des Tages ging es tiefer in die Berge hinein, mit jeder Stunde frischte aber auch der Wind weiter auf, sodass es am Ende des Tages kaum mehr ein Vorankommen gab. Als Tagesziel hatten wir einen Wasserfall auserkoren. Jedoch stellte sich heraus, dass es dort wieder einmal sehr touristisch war, sodass sich das ruhige Plätzchen für die Nacht erledigt hatte.

Notgedrungen fuhren wir also weiter das Tal hinab, was nun immer höher wurde. Es gab bald nur noch die Straße und rechts und links steil abgehende Felswände. Sehr beeindruckend, wenn wir nicht so verzweifelt auf der Suche nach einer Bleibe gewesen wären. Da es auch langsam dunkel wurde, gingen uns die Optionen aus. Ein Blick auf Google Maps offenbarte zudem, dass es von nun an fast nur noch Tunnel gehen würde, durch die wir fahren mussten. Worst Case, denn in Tunneln ist das Finden eines Schlafplatzes wirklich ausgeschlossen. Im letzten Moment fand sich dann aber glücklicherweise doch noch ein Fleckchen neben einem Trafohäuschen zwischen zwei Tunneln. Es bot gerade genug Platz für ein Zelt. Glücklich doch noch etwas gefunden zu haben, baute wir alles auf und waren froh, hinter dem Häuschen etwas windgeschütztes gefunden zu haben.

Tunnel
Am nächsten Tag ging’s in die Tunnel. Wir haben beide noch nie so viel Tunnel an einem Tag durchquert. Es waren bestimmt an die 40 Stück. Das Gebirge kommt einem irgendwann vor wie ein Ameisenbau, der von 100en Gängen durchzogen ist. Die Straße führte fast ausschließlich durch Tunnel, von denen der längste über 5km lang war. Glücklicherweise waren die Tunnel allesamt beleuchtet und die Straße nicht sonderlich stark befahren. Nach einiger Zeit gewöhnten wir uns also an die Gegebenheiten und fanden uns damit ab.
Nur selten erhaschten wir einen Blick auf die weiterhin schroffen Bergwände. Es muss einer der ersten Tage seit langer Zeit gewesen sein, an dem wir keine Sonnenbrille trugen und wir uns nicht regelmäßig mit Sonnencreme einschmieren mussten.

Am Nachmittag frischte der Wind wieder auf und insbesondere an den Tunnelausgängen hatten wir Mühe unsere Fahrräder zu kontrollieren. Die kurzen tunnellosen Abschnitte erzeugten solche starken Luftwirbel, dass es unvorhersehbar war, worauf wir uns einstellen mussten. Mehrmals konnten wir nur mit Mühe gerade noch anhalten, um auf der Spur zu bleiben oder um nicht umzukippen. Da wir aber wussten, dass der Wind nicht weniger werden würde und die gut zugänglichen Schlafplätzen noch einige Kilometer entfernt waren, blieb uns nur die Option weiterzufahren.
So kämpften wir uns bis zu einem sehr schöne Schlafplatz auf einer der wenigen Nebenstraßen. Dort hatten wir endlich Zugang zu dem Fluss, dem wir die ganze Zeit durch das Tal folgten. Dieser war wegen der steilen Wände bisher unerreichbar gewesen. Zudem war es an der Stelle angenehm windgeschützt und wir konnten gefahrlos das Zelt aufstellen und hatten eine sehr angenehme Nacht.

Schweiß 
Nachdem wir die meiste Tunneln durchfahren hatten änderte sich die Landschaft langsam wieder. Es waren erste Bäume auf den Bergen zu erkennen und wir sahen das erste Mal seit Wochen wieder Wolken. Die machten uns zunächst auch ganz nervös, weil sie so dunkel aussahen. Es blieb aber zunächst trocken. Ganz und gar nicht trocken blieben dagegen unsere T- Shirts. Nach Wochen in der trockenen Hitze in der Steppe wurde uns nun schlagartig bewusst, wie wenig wir eigentlich geschwitzt hatten. Die trockene Luft und der Wind hatten gute Arbeit geleistet.
Die schwüle Meeresluft hingegen, die sich die Berge hochzog, ließ unsere Poren wieder ordentlich arbeiten. 

Meer
Die letzten Kilometer auf dem Weg zum Meer waren gekennzeichnet von immer grüner werdenden Bergen, die bald nur noch Hügel waren. Am Meer angekommen mussten wir uns erst einmal wieder daran gewöhnen die feuchte Luft zu atmen. Es fühlt sich fast so an, als würde die Lunge bei einem Atemzug nicht ausreichend Luft bekommen. Trotzdem genossen wir das Gefühl angekommen zu sein.

Güle Güle 
Den letzten Rest in der Türkei ging es dann noch etwa 30km am Meer entlang bis zur Georgischen Grenze. Während der gesamten 30km standen auf dem rechten Fahrstreifen LKWs, die auf den Grenzübertritt warteten. Unfassbar, wie viel Geduld die Fahrer hierfür mitbringen müssen und unter welchen Bedingungen sie tagelang ausharren müssen. 
Wir konnten entspannt an allen Brummis vorbei radeln und kamen schnell an der Grenze an. Dort wurden wir von der Türkei genau so nett verabschiedet, wie sie uns begrüßt hat. Der Zollbeamte winkte uns an den Autos vorbei, wir wurden noch zu unserer Reise befragt und dann wurde uns winkend alles Gute gewünscht. Es ist einfach ein wirklich nettes Land.

Georgien 
Da wir uns aber langsam auf etwas Neues gefreut haben, sind wir ganz glücklich nun im nächsten Land angekommen zu sein. Und so schön es in der Türkei auch war, es ist auch wirklich schön wieder deutlich mehr Frauen in der Öffentlichkeit zu sehen. Vor allem auch in kurzärmligen Sachen. Wir hatten schon fast vergessen, wie normal das eigentlich sein kann. 
Wir haben uns direkt erst einmal ein paar Tage Pause am Meer gegönnt und genießen momentan das Bier aus der 3 Liter Flasche. Ein weiterer Punkt, der direkt nach der Grenze sehr offensichtlich wurde. Es wird wieder Alkohol konsumiert. Ob das nun gut oder schlecht ist bleibt abzuwarten…

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Jörg Petersen

    Wow, 3 Berichte 🙂

  2. Ralf vom Berge

    3l-Bierflasche klingt schon sympathisch 😀

  3. Lennart

    Gibt es ein Spendenkonto, um die Reise zu unterstützen?

    1. Pfanne

      Hey Lennart,
      Wir freuen uns riesig über diese Frage und deinen Willen uns zu unterstützen. Du machst uns schon glücklich, wenn du dich bei Warmshowers, Couch Surfing, Trustroots oder ähnlichem anmeldest. Das ermöglicht es nämlich nicht nur uns solche Reisen zu machen, sondern auch vielen anderen 🙂

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