Tour de Deutschland

Nun sind wir schon eine ganze Weile zurück. Am 18.5.2023 haben unsere Füße wieder deutschen Boden berührt. Wieder einmal konnten wir unsere Fahrräder völlig unkompliziert mitnehmen. Auch die beiden haben die 28h Odyssee vom anderen Ende der Welt zurück geschafft. Schon verrückt. Auch verrückt ist es, dass Frankfurt der einzige Flughafen der Reise ist, auf dem man für einen Gepäck Trolly bezahlen muss. Und mit unseren Fahrradkisten kamen wir auch leider nicht drum herum. Immerhin kann man den einen Euro mit Karte zahlen…Wenigstens was. 

 

Den ersten Missmut überwunden, haben wir uns dann erst einmal eine Brezel und ein belegtes Vollkornbrötchen gekauft. Frisch gestärkt schoben wir unseren einen (zwei wären zu teuer gewesen) vollgepackten Trolley dann nach draußen und machten uns daran die Fahrräder aufzubauen. das schöne an den Deutschen ist dabei ja, dass sie zwar eigentlich viele neugierig sind, sich aber kaum jemand traut einen anzusprechen. Wir amüsierten uns also köstlich über die heimlichen Blicke anderer Leute und genossen es gleichzeitig sehr in Ruhe gelassen zu werden. Uns wurde schlagartig klar, warum uns die Aufmerksamkeit anderer Menschen in anderen Ländern so angestrengt hat. Wir sind total anders sozialisiert. In Deutschland ist man anonym unterwegs und was andere Leute machen, wird selten hinterfragt. Schon gar nicht wird man von anderen auf irgendetwas angesprochen. Das hat viele Vorteile, wie wir schnell merkten fehlte es uns aber irgendwie doch auch schnell und unkompliziert mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Eigentlich ist es ja nur nett, wenn man Interesse an etwas hat auch danach zu fragen. Wir hatten unzählige schöne Begegnungen dadurch. Natürlich kann das auf Dauer auch anstrengend sein aber so ein gutes Mittelmaß wäre doch nett. In Deutschland bekämen wir das sicherlich gut hin. Neugierig sind wir ja alle, wenn wir dann also ab und zu auch mal auf Menschen zugehen, um sie auf etwas (nettes) anzusprechen, kämen wir doch alle ein großes Stück weiter in der Gesellschaft. 

 

Zurück zum Fahrräder aufbauen:

Als wir das erledigt hatten, machten wir uns daran die Radtaschen anzubauen, als uns ein Zettel der neuseeländischen Behörden in die Hände entgegenfiel der besagte, dass sie uns Teile unseres Gepäcks entnommen haben. Grund: Gefahrgut. Den Kocher hatte es erwischt. War der doch nun wirklich durch die ganze Welt gereist, wurde zuvor in 5 (!!) Flugzeugen mitgenommen und nun war er offenbar zu gefährlich um wieder mit nach Deutschland zu reisen. Wie absurd! Schon ist man wieder in einem westlichen Land, zack alles gefährlich. Und, um es erwähnt zu haben: den völlig verrußten Kocher an sich durften wir behalten. Nur die mehrfach ausgespülte und ausgelüftete Flasche und die Pumpe dazu nicht…

Aber das Gute an einem westlichen Land ist ja: hier gibts alles. Also alles halb so wild. Unsere erste Amtshandlung bestand also darin die Teile nachzubestellen. Schließlich wollten wir ja noch ein paar Kilometer fahren. 

 

Vom Flughafen wurden wir abgeholt und durften uns zunächst eine Woche den Jetleg ausschlafen, bevor wir uns wieder in die Sättel schwangen für die Tour de Deutschland. In der Woche frönten wir ausgiebig den deutschen Köstlichkeiten und wurden vollgestopft bis oben hin. Wir hatten uns die perfekte Zeit zum Zurückkommen ausgesucht. Es gab Erdbeeren und Spargel in Hülle und Fülle. Was für ein Fest!

 

Unser Plan war es nach der Woche unsere Freunde und Familie abzuklappern und so alle wiederzusehen. Nachdem es zuvor wochenlang geregnet hatte, erwartete uns die nächsten Wochen herrlichstes Wetter. Wobei wir diesmal gar nicht so sehr darauf angewiesen waren, schließlich war der Plan „Freundehopping“ zu machen. Fast jede Nacht hatten wir uns bei jemandem einquartiert und spekulierten auf Leckereien vom Grill und eine gesellige Runde am Abend. Im Grunde sollte die Tour also so enden wie sie anfing: Nachts bei guten Freunden. 

 

Und genau so war es dann auch. Die ersten Tage hatten wir zunächst für uns und konnten nach der fahrradfreien Zeit in Neuseeland erst einmal wieder reinkommen ins Strampeln. Überraschender Weise fanden wir ganz herrliche Plätze für unser Zelt. Einmal sogar mit einem Premiumblick auf eine Burg am Rhein, ganz für uns allein (und das sogar als Reim). Die Sonne lachte, die Vögel zwitscherten, morgens waren die Radwege noch leer, mittags machten wir lange Pausen in der Hängematte und nachmittags schauten wir wie viel Lust wir noch zum radeln hatten. Eine herrliche Zeit war das. 

So führte uns unsere Route aus der Nähe von Heidelberg zunächst durchs Rheinland, entlang der Loreley, über Bonn in die Eifel, zurück nach Köln und dann durchs hügelige Sauerland bis nach Kassel. Von dort ging’s Richtung Hannover, weiter nach Bremen und schließlich nach Hamburg. 

 

Es war ganz wunderbar alle wieder zu sehen. Wir genossen es sehr uns wieder ausgiebig austauschen zu können und anzuhören, was das Jahr über passiert war im Leben der anderen. Die Etappen vergingen wie im Fluge und fast jeden Abend erwartete uns wieder ein Bett und vor allem wirklich auch das erhoffte gute Essen. Tatsächlich fingen wir aber irgendwann auch an unsere Nächte im Zelt zu vermissen. Es gelang uns aber zum Glück zwischen den Wohnorten unserer Freunde auch weiterhin wunderschöne Plätzchen für unser Zelt zu finden. Deutschland hat uns dabei richtig überrascht mit den vielen kleinen oder großen Waldgebieten, super guten Radwegnetzen, vielen Hügeln, dem ganzen guten Wetter und den Laubbäumen, die ihr herrlichstes Grün für uns an die Kronen gehängt hatten. Zwischendurch hatten wir immer mal wieder für eine oder mehrere Etappen Begleitung von Freunden und Familie, was uns wirklich riesig gefreut hat. In Gesellschaft vergehen die Etappen gleich viel schneller. Richtig selig fuhren wir also durch Deutschland und genossen die Unbekümmertheit, die Geselligkeit am Abend und dann zwischendrin auch wieder die Ruhe für uns. Gute Menschen, gutes Essen, schöne Etappen, schöne Schlafplätze, mehr brauchen wir nicht. 

Vor allem vom Sauerland waren wir richtig angetan. Herrliche Gegend dort, schaut doch bei Gelegenheit mal vorbei. Der Radweg am Rhein entlang ist voller Burgen, aber auch voll mit Radfahrern. Die Eifel hat die schönsten kleinen Örtchen und Niedersachsen die schönsten großen Eichen des Landes. Es ist ganz wunderbar die verschiedenen Ecken und Landstriche in Deutschland zu durchfahren. Die wenigsten wissen wie schön es direkt vor der Haustür ist. Vielleicht können wir euch hiermit ja motivieren auch mal innerhalb Deutschlands Urlaub zu machen. 

 

Lediglich die Wasserbeschaffung machte uns ein wenig zu schaffen. Klar, kann man Wasser im Supermarkt kaufen, wir waren nun aber durch so viele Länder gefahren, wo wir ständig Wasser auffüllen konnten, dass es uns widerstrebte ständig neue Plastikflaschen zu kaufen. Insbesondere sonntags wurde das Wasser auffüllen oft zu einem ewigen Umherirren, bis wir doch noch eine Tankstelle fanden oder einen netten Menschen trafen, der uns aushalf. Schon verwunderlich, dass es ausgerechnet hier in Deutschland so schwierig war an Wasser zu kommen. Aber wenn man einmal darüber nachdenkt eigentlich auch nicht. Wo gibt es denn öffentliche Wasserspender oder wenigstens eine öffentliche (kostenlose) Toilette? Während es ab Serbien überall Brunnen gibt, die sich bis in den Oman durchziehen, gibt es in Asien überall Wasserflaschenauffüllautomaten am Wegesrand. Und in Neuseeland findet sich an quasi jedem öffentlichen Gebäude, Spielplatz oder in der Ortsmitte ein Wasserspender oder eine (kostenlose!) Toilette. Eigentlich sollte das doch dann auch in Deutschland möglich sein…

 

Aber wir sind auch in Deutschland nicht verdurstet und vermutlich wären wir auch noch 2 bis 3 Wochen länger durchs Land gefahren, wenn wir nicht zwischendurch den Fehler gemacht hätten mal die Jobsituation zu erörtern. In Hamburg ergab sich direkt für jeden von uns ein Vorstellungsgespräch, was uns danach zu der Entscheidung trieb den Zug nach Magdeburg zu nehmen, um sich dem Papier- und Behördenkampf zu stellen. 

Ziemlich abrupt ging’s damit also dann zu Ende. Irgendwie traurig. Es fühlt sich auch nach wie vor unvollständig an die Reise so beendet zu haben. Als ob man etwas noch nicht erledigt hat. Aber das Gute daran ist ja, dass wir uns dann wohl irgendwann nochmal auf die Räder setzen müssen, um unser unfinished Business vernünftig abzuschließen.

 

In Magdeburg angekommen, radelten wir also ein letztes Mal die letzten Meter vom Bahnhof zum Ziel unserer Reise, was auch gleichzeitig der Start gewesen war. Auf dem Weg dorthin fragte uns eine Frau: „Oh so viel Gepäck, wo gehts hin?“. Wir mussten laut lachen und riefen wie aus einem Munde „Nach Hause!“. 

 

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