30.12.2022 – 19.1.2023
21 Tage
1450 km
Nach unserer Fahrt mit dem Nachtzug aus dem Norden Thailands waren wir nun also in Bangkok angekommen. Unsere Fahrräder und Taschen glücklicherweise auch. Und schon stürzten wir uns wieder in den Stadtverkehr. Nach unserer letzten Großstadterfahrung in Hanoi fanden wir es aber nahezu entspannt durch Bangkok zu fahren. Hier gab es so etwas Ähnliches wie Regeln und Ampeln wurden nicht grundsätzlich ignoriert. Sicherlich kommt einem immer mal jemand aus der falschen Richtung entgegen aber das sind wir ja nun schon seit einigen Monaten gewöhnt. Vergnügt rollten wir also zu unserer Unterkunft, wo unsere Freunde (die wir schon mehrfach auf unserer Reise getroffen haben und die ähnlich wie wir immer mit dem Fahrrad gen Osten fahren) schon auf uns warteten. Zu unserer Überraschung hatten wir es sogar mal geschafft eine richtig schöne kleine Wohnung auszusuchen. Diese war in einem Hochhauskomplex, der zudem noch einen Pool, ein Fitnessstudio (ja, die Jungs haben es genutzt) und einen kleinen Park auf dem Dach hatte. Luxus! Wie aufgeregte kleine Kinder erkundeten wir alles mit großen staunenden Augen.
Weihnachten unter Freunden
Die nächsten Tage verbrachten wir vor allem damit uns auszutauschen. Hannah zund Dirk (https://instagram.com/hadi_con_bici?igshid=YmMyMTA2M2Y=) hatten wir zuletzt in Armenien gesehen und seit dem waren schon wieder ein paar Monate vergangen in denen die beiden in Nepal und Indien mit dem Fahrrad unterwegs waren. Entsprechend viel hatten wir zu erzählen. Bis tief in die Nacht verbrachten wir Stunden damit einfach nur zu quatschen und es tat unglaublich gut.
Natürlich haben wir auch noch gemeinsam die Stadt erkundet, haben Warane gesehen, uns über asiatische Märkte geschoben, dabei Kuriositäten bewundert und natürlich das Streetfood ausprobiert, aber am schönsten war es wirklich einfach mal wieder unter Freunden zu sein.
Und auch wenn Weihnachten in Thailand überhaupt kein Ding ist (maximal, um an westlichen Touristen Geld zu verdienen) war es letztendlich weit weg von zuhause gar nicht so schlimm wie erwartet. Wir haben den Tag im Pool begonnen und abends mit einem Festessen ausklingen lassen. Viel besser kann man doch Weihnachtstage im Sommer nicht verbringen.
Wir hatten zwar keinen Herd und keinen Ofen aber wir haben ja zum Glück alles dabei. Und noch besser: wir hatten alles doppelt! 2 Kocher und doppelt so viele Töpfe wie üblich. Das Kochen ging also ratzifatzi. Und nachdem wir alle mit daheim telefoniert hatten, ließen wir es uns schmecken. Zur Krönung des Festessens gab’s sogar noch einen Bratapfel aus der Mikrowelle. Herrlich weihnachtlich.
Abschied heißt was Neues kommt
Nach einigen Tagen und nachdem wir den Abschied etwa einen halben Tag hinausgezögert hatten trennten sich unsere Wege dann aber auch schon wieder. Hannah und Dirk brachen Richtung Kambodscha auf, während wir uns auf den Weg in den Süden Thailands machten. Wir traten also wieder in die Pedale und eins unserer Fahrräder fand das gar nicht gut. Jedes Mal beim Anfahren trat man ins Nichts, was im Stadtverkehr mit vielen Ampeln und Ausweichmanövern extrem nervig war. Das Problem war natürlich schon vorher aufgetreten, allerdings wurde es hartnäckig ignoriert in dem Glauben bis Kuala Lumpur wird’s wohl gehen…
Nach einer Stunde im Stadtverkehr wurde es dann aber doch schwer mit dem Ignorieren. Wir beschlossen also doch noch Bangkok bleiben, um das Problem zu beheben. Fahrräder in Großstädten reparieren zu lassen ist ein extrem nerviges Unterfangen. Zunächst muss ein geeigneter Radladen gefunden werden, der dann auch noch über geeignete Ersatzteile und geeignetes Personal verfügt. Tatsächlich braucht man dafür ein bisschen Glück und ausreichend Ausdauer, um stundenlang suchend durchs Stadtgewimmel zu fahren. Worüber man sich in diesen Breiten allerdings nie Sorgen machen muss, ist einen Termin zu bekommen. Den gibt es meistens immer sofort.
Wir hatten Glück und fanden was wir brauchten. Das Fahrrad war noch am selben Tag wieder einsatzbereit und wir konnten am nächsten Tag weiterfahren. Der Aufwand hatte sich also gelohnt.
Außerdem hatte unsere kleiner Verzögerung den großen Vorteil, dass wir noch mehr Freunde treffen konnten. Wie es der Zufall wollte waren nämlich gerade 2 davon in Bangkok gelandet. Das wollten wir uns natürlich nicht nehmen lassen. Das erste Mal Menschen aus Deutschland, die wir auch von dort kennen. Nach über 8 Monaten! Wir waren ganz aufgeregt. Wir verabredeten uns also zum Abendessen und kamen noch einmal in den Genuss eines geselligen Abends mit Geschichten aus der Heimat. Ganz beseelt von der ganzen guten Gesellschaft fielen wir ein letztes Mal nach über 10 Tagen ohne großartige km auf dem Fahrrad ins Bett.
Quadratisch, salzig, Shrimps
Wir kämpften uns aus der Stadt mit seinen Blechlawinen raus und kamen bald in eine skurrile Gegend. Hatten wir doch gehofft sobald wir aus der Stadt raus sind aufs Meer zu stoßen, fuhren wir nun kilometerweit an rechteckig angelegten riesigen Teichen entlang. Außerdem auch an unzähligen Verkaufsständen. Von kleinen Tüten bis riesigen Säcken wurde etwas weißes verkauft, von dem wir am Anfang dachten es wäre Reis ins sämtlichen Gewichtseinheiten.
Nach genauerer Betrachtung und in Kombination der gesehenen, angelegten Teiche erkannten wir aber nach einiger Zeit, was es tatsächlich war: nämlich Salz. Südlich von Bangkok wird das Meerwasser in hintereinandergeschaltete Verdunstungsteiche gepumpt. Diese Teiche haben also verschiedenen Stadien von mehr oder weniger stark konzentrierter Sole. Und diese Sole wird unter körperlicher Schwerstarbeit gewonnen und damit besagte Tüten und Säcke gefüllt, die es dann am Straßenrand zu kaufen gibt. Bilder dafür findet ihr dort wo es Bilder von uns gibt (Tag 240).
Neben den Soleteichen gibt es auch noch weitere Teiche. Diese sind deutlich trüber und je nach Wasserstand entweder voller Wasser oder voller Schlick. Dies ist die Welt der Shirmpsfarmen. Und an genau so einer verbrachten wir die erste Nacht hinter Bangkok. Nachdem wir eigentlich schon die Schlafplatzsuche im unendlichen Netz aus Teichen aufgegeben hatten und ein Gasthaus ansteuerten, kamen wir an einem Teich vorbei, der auf dem Damm ausreichend Platz für ein Zelt hatte. Da es schon spät war schlussfolgerten wir, dass die Arbeiten hier schon abgeschlossen waren und schlugen unsere Villa mit Sternblick auf. Allerdings blieben wir nicht wie gewünscht unentdeckt, was uns brave Deutsche kurz in Panik versetzte. Natürlich kam doch noch ein Moped vorbei gefahren und wir sahen uns schon alles wieder zusammenpacken. Aber nein, wir sind ja in Thailand und hier sind alle Menschen einfach super nett. Es stellte sich heraus, dass dem netten Mann dieser Teich gehörte und als er erkannte, dass wir dort übernachten wollten, war er ganz euphorisch und brachte uns postwendend 3 riesige noch zappelnde Shrimps vorbei. Er machte noch ein Foto mit uns und versprach am nächsten morgen wieder zu kommen, um uns zu verabschieden. Außerdem stellte er um unser Zelt noch Räucherstäbchen gegen die Mücken auf. Immer wieder beeindruckend, wie sehr sich Menschen über unsere Anwesenheit und unser Anderssein freuen!
Meeeeeer
Am nächsten Tag waren wir dann aber eeendlich am lang ersehnten Meer angekommen. Und es war fantastisch. Sogar besser, als wir es uns vorgestellt hatten. Es gab Palmen, es gab kilometerlangen, leeren, goldenen Strand, es gab türkises Wasser und es gab das alles nur für uns allein. Unser Zelt stand am Strand unter Palmen und nachts konnten wir in die Sterne gucken. Einfach wortwörtlich traumhaft. Außer der Mond, der hat es übertrieben mit seiner Leuchtkraft…aber Nagut. Wir wollen da mal nicht so sein.
An den darauf folgenden Tagen fuhren wir immer nur sehr kurze Etappen bis zum nächsten Traumstrand und ließen nachmittags in der Hängematte die Seele baumeln. Jeden Morgen genossen wir einen fantastischen Sonnenaufgang, fuhren dann tagsüber durch unzählige Kokospalmenplantagen und schlugen unser Zelt abends wieder am Strand auf. So ging das tagelang und irgendwann hatten wir dann den magischen Moment der 10.000 erstrampelten Kilometer. Schon irgendwie eine mächtige Zahl. Auch wenn sie an sich völlig unbedeutend ist.
Silvester verbrachten wir ebenfalls an einem Strand im Zelt. Da es hier gegen 18 Uhr dunkel wird, gingen wir dann auch wie üblich recht früh ins Bett. Wir stellten uns aber einen Wecker für kurz vor Mitternacht, denn wir hatten im Ort vor dem Strand gesehen, dass es wohl Festivitäten geben würde. So krochen wir um Mitternacht völlig schlaftrunken aus dem Zelt und bekamen sogar für ca. 30 Sekunden ein kleines Feuerwerk zu sehen. Na immerhin, dachten wir und krochen zurück ins Zelt. Frohes Neues.
Mehr Meer, mehr Müll, mehr Hitze
Je weiter wir gen Süden kamen, desto monotoner wurden unsere Tage. Jeden Tag mehr Palmen, mehr totgefahrene Schlangen, mehr angebundene Affen als Haustiere und mehr super scharfes Essen. Die anfängliche Begeisterung über Strand und Meer war im wahrsten Sinne des Wortes verflogen. Der starke Seitenwind nervte uns, ebenso die zunehmend vermüllten Strände. Nahezu entlang der gesamten Ostküste findet sich tonnenweise angeschwämmter Müll. Einen Vorwurf kann man den Thais diesbezüglich absolut nicht machen, da sie ganz sicher nicht die einzigen Verursacher, sondern vermutlich vielmehr die Opfer dieser Müllflut sind. Sie geben sich zum Teil auch Mühe dieser Herr zu werden aber es ist schlichtweg unmöglich all diesen Müll zu beseitigen. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen und es ist schrecklich. Wirklich, einfach schrecklich. Es ist ganz sicher nicht das erste Mal, dass wir auf dieser Reise mit der Müllproblematik konfrontiert wurden. In eigentlich jedem Land gibt es sie. Es ist aber auch einfach frustrierend mit anzusehen, welche krassen Auswirkungen insbesondere Verpackungsmüll hat. Darum an dieser Stelle ein Apell: Bitte, bitte entwickelt ein Bewusstsein für Plastikmüll. Uns ist ganz klar, dass er sich derzeit nicht vermeiden lässt und auch wir produzieren jeden Tag eine ganze Tüte voll davon, aber wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, dann versucht es zu vermeiden! Unbedingt!!
Zu unserem Verdruss machte uns auch die zunehmende Hitze zu schaffen. Während wir im Norden Südostasiens immerhin nachts die kühleren Temperaturen genießen konnten, schwitzten wir nun jede Nacht. Irgendwann war es sogar soweit, dass wir das Zelt offen ließen und den Mücken freien Zugriff zum Buffet gewährten.
Nicht schon wieder
Zur Krönung unserer tristen Stimmung stellten wir dann auch noch fest dass wir wieder einmal eine gebrochene Felge hatten. Nicht schon wieder!!! Erst im Oman hatten wir das selbe Problem und es erwies sich als äußerst aufwändig eine neue passende Felge zu finden. Es gibt nämlich 1 Millionen verschiedene Maße an Felgen und Rädern. Damals wussten wir immerhin noch nicht wie kompliziert es werden würde eine neue Fege zu finden. Das wussten wir nun aber schon…
Wir fassten den Entschluss das Problem einfach erst einmal wieder zu ignorieren und so zu tun als wenn nichts wäre. Solange man nicht hinter dem kaputten Rad hinterher fährt und sieht wie es eiert, gehts auch.
Auf dem Höhepunkt der schlechten Laune kam dann eines Tages, als wir Mittagspause unter einer Palme machten, eine Frau vorbei. Sie war wohl auf dem Weg irgendwo hin. Sie sah uns, ging zurück und kam mit 3 Kokosnüssen und einem Beil zurück. Wortlos jochte sie sich vor uns hin und begann die Nüsse zu öffnen. Als das geschehen war, reichte sie uns diese inklusive Strohhalm und Löffel und ging dann wieder. Einfach so. Und schon schämten wir uns für unsere schlechte Laune. Die Thais sind ein so herzliches Völkchen und dabei aber überhaupt nicht aufdringlich. Wir wurden immer mit Neugierde aber auch einer angenehmen Zurückhaltung begrüßt. Wir konnten ungestört Pause machen und haben uns aber auch gleichzeitig nie unwohl unter Menschen gefühlt. Im Gegenteil, Thailand wird nicht umsonst das Land des Lächelns genannt. Somit hatten wir eigentlich überhaupt keinen Grund so schlecht gelaunt durch die Gegend zu fahren. Wir gaben also unser bestes und konzentrierten uns wieder auf die schönen Dinge des Reisens.
Niedersachsens Reisfelder
In den letzten Tagen in Thailand wechselten wir von der Ostküste ins Landesinnere und steuerten die Malaysische Grenze an. Auf dem Weg dorthin nahm die Reisfelddichte wieder zu und mit den riesigen endlosen Feldern, den Feldarbeiten, Traktoren und Störchen fühlte es sich wirklich ein bisschen an wie durch Niedersachsen zu fahren. Und um es an dieser Stelle zu begründen warum es nicht aussah wie die Magdeburger Börde: dafür war es zu nass.
Apropos nass. Das wurde auch ein zunehmendes Problem, auch wenn wir uns ja auf die schönen Dinge konzentrieren wollten. Aber in einer Nacht hat es so doll geschüttet, dass am nächsten Tag wirklich alles nass war. Unsere Luftmatratze schwamm quasi im Zelt. Keine guten Voraussetzungen, um gute Laune zu haben. Wir nahmen uns eine Unterkunft und stellten fest, dass wir seit Bangkok keine richtige Pause gemacht hatten. Zwar haben wir immer mal kurze Tage gemacht, aber nie mal einen ganzen Tag ohne Rad zu fahren. Kein Wunder, dass uns alles irgendwie anstrengend vor kam. In unserer Unterkunft konnten wir unser Glück gar nicht fassen einen ganzen Tag mal nicht alles zusammenpacken und abends wieder aufbauen zu müssen. Es war herrlich!
Malaysia und dann?
Allerdings fiel uns dabei auch auf, dass wir uns in den letzten Wochen herzlich wenig Gedanken über die Zukunft der Reise gemacht hatten. Wir haben von Tag zu Tag gelebt und dabei irgendwie vielleicht auch verdrängt, dass wir mal wieder überlegen sollten wie oder ob es weitergeht.
Also suchten wir uns noch einmal eine Unterkunft und nahmen uns vor an dem Tag festzulegen wohin es als nächstes gehen soll. Erstmal Malaysia, das war klar aber dann. Singapur? Indonesien? Philippinen? Japan? Australien? Neuseeland? Oder doch noch mal zurück in die Türkei? Spanien?
So viele Möglichkeiten und um ehrlich zu sein lässt unsere Reiselust langsam nach. Vielleicht habt ihr es rauslesen können, dass nicht jeder Tag paradiesisch ist, obwohl wir im Paradies sind. Diese Reise ist nach wie vor wundervoll, versteht uns da bitte nicht falsch. Aber sie ist auf Dauer in dieser Form auch wirklich anstrengend. Körperlich und mental. Wir haben also tatsächlich darüber nachgedacht nach Hause zu fliegen, aber da bekommen wir ja einen Kälteschock und außerdem wollen wir die Reise nicht in dieser Stimmungslage beenden. Nein, wenn dann muss es nochmal richtig gut werden. Und da bleibt eigentlich nur eins…
Wir haben also eine Entscheidung getroffen und freuen uns jetzt erst einmal noch auf Malaysia. Obwohl…es soll regnen… jeden Tag… und wir haben eine kaputte Felge und es ist seeeeehr warm und schwül. Aber wir werden einen Weg finden es schön zu finden!
Neuseeland hat tolle Berge zum Beradeln und Australien eine endlose Weite, in der Regen eher unwahrscheinlich ist und die Fauna hält euch im Sattel und in Bewegung – und es gibt Steaks und Burger! :oD
Es lohnt sich noch nicht, nach Deutschland zu kommen. Die Tage sind trübe und nass….es gab nur einmal etwas Schnee…ich warte schon auf den Frühling. Wir wünschen euch Durchhaltevermögen….haltet die Ohren steif. Es ist wieder ein toller Bericht..wir haben ihn gerne gelesen…Liebe Grüße Ingrid