Oman Oman

Dubai sagt ja den Meisten noch was, aber wo zur Hölle ist eigentlich der Oman? Es ist wie immer im Leben: nichts geht nach Plan. Nicht, dass wir einen konkreten Plan für unsere Reise hätten, aber der Oman ist auch für uns irgendwie eine Überraschung. Wir hörten das erste Mal von anderen Radfahrenden von diesem Land. Sie erzählten, dass es dort sehr entspannt sei und schön soll es dort auch sein.  

Nun, das klingt ja alles ganz nett aber so richtig ernsthaft haben wir uns nie damit beschäftigt. Wir wussten nicht einmal genau wo dieses Land liegt, bis wir im Iran waren. Ursprünglich wollten wir von Teheran aus mit dem Flugzeug weiter fliegen, aber in der derzeitigen Situation war uns das zu heikel. Wenn man sich die Nachbarländer des Irans anschaut, sind die Optionen recht wenige. Nach Turkmenistan kommt man nicht, da die Grenzen zu sind, in die Türkei wollten wir nicht zurück (da waren wir ja schon), über Afghanistan brauchen wir nicht sprechen, selbiges gilt für den Irak und auch Pakistan wäre uns zu gruselig gewesen, obwohl wir einige Radfahrende getroffen haben, die über Pakistan nach Indien wollen. Somit blieb für uns nur eine Fahrt mit der Fähre nach Dubai übrig. Und als wir uns das Ganze auf der Karte anschauten, fiel uns auf, dass da ja auch der Oman direkt in der Nähe ist. Na sowas! Es sollte wohl so sein. Also, fix ein paar Dinge recherchiert, Visum beantragt und rauf auf die Fähre. 

Alles glänzt so schön neu
In Dubai angekommen bekamen einen weiteren Stempel in unseren Pass gedrückt, dann wurden wir um Mitternacht nach draußen in die immer noch vorhandene schwüle Hitze entlassen. Aus Mangel an Internet im Iran hatten wir es nicht geschafft eine Unterkunft zu buchen. Mit ein paar anderen Radlern machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz, den wir auch erstaunlich schnell und einfach fanden. Mitten am Strand unter Palmen. Leider wurden wir um 3 Uhr morgens von einem Nachtwächter geweckt, der uns mitteilte dass wir dort leider nicht übernachten könnten… Na super, 3h Schlaf und nun? Wir entschieden uns dafür einfach loszufahren. Wir wollten es uns nicht nehmen lassen einmal durch Dubai zu fahren. Und morgens um 3 ist auch wirklich nichts los. Wir hatten also die Straßen Dubais für uns und fuhren gemütlich in den Sonnenaufgang. Als die Sonne langsam hinter den Wolkenkratzern aufging, konnten wir vor Staunen unsere Münder gar nicht mehr zu bekommen. Die Kulisse war spektakulär. Und nach den letzten Monaten in deutlich ärmeren Ländern hatten wir einen regelrechten Kulturschock. Je weiter die Sonne aufging, desto mehr Prunk und Protz brachte sie zum Vorschein. In Dubai gibt es quasi nichts Kleines. Alles ist überdimensional: die Häuser, die Autos, die Straßen, einfach alles. Wir fuhren vorbei an extrem sauberen und gepflegten und vermutlich sehr, sehr, sehr teueren Hotels, an unzähligen Schönheitskliniken und riesigen Anwesen, umgeben von gewässerten Grünflächen. Unsere Euphorie darüber nicht mehr mit den Gefühlen aus dem Iran konfrontiert zu sein, mischte sich mit dem Glücksgefühl darüber, dass es seit Langem mal wieder sehr ordentlich zu sein schien. Nachdem wir uns dann aber etwas zu Essen geholt hatten, gab uns der Preis schon den ersten Dämpfer. Nun gut, das war ja irgendwie klar. Nach einigen Kilometern durch die Stadt wuchs jedoch unsere Abneigung der Stadt gegenüber. Sicherlich kann man sich der Faszination irgendwie nicht entziehen, absurd ist es trotzdem. Schaut man auf die Karte und die Temperaturen, lässt sich schnell erkennen dass in diesem Land eigentlich nicht so eine Stadt stehen sollte. Alles, wirklich alles muss dorthin importiert werden, damit dort Menschen in diesem Standard leben können. Die Mengen an Wasser, die allein für Schönheitszwecke in der Stadt und für die vielen Grünflächen genutzt werden, sind unvorstellbar. Noch dazu die ganzen Klimaanlagen, die wirklich überall eingebaut sind, weil es sich dort sonst nicht aushalten lässt. Dann auch noch die fetten Sinnlosautos, die Geld und Macht in Hülle und Fülle ausstrahlen, machen es doch ziemlich unsympathisch. Entsprechend schnell wollten wir also wieder raus aus dem Stadtjungle. Am Ende unserer Etappe freuten wir uns trotzdem. Wir sind mit dem Fahrrad durch Dubai gefahren!

Sand, Hitze, Zäune
Nachdem wir uns an de Stadtrand von Dubai gekämpft hatten, wurde die eigentlich vorherrschende Landschaft ersichtlich: Viel Nichts voller Sand. Das Gute daran war, es ging schnell voran. Es gab keine Berge und sehr breite und komfortable Straßen. Beste Voraussetzungen, um viele km zu schaffen. Dumm nur, dass es ab 11 Uhr unerträglich heiß wurde und auch erst ab 15 Uhr wieder erträglich genug, um weiter zu fahren. Da es auch wirklich gar keine schattenspendenden Bäume dort gibt, muss man den Mittagspausenplatz weise wählen. Das war nicht immer ganz einfach, schließlich wollten wir ja Kilometer schaffen, aber man wollte auch nicht die letzte schattige Gelegenheit hinter sich lassen. Wir haben die Problematik letztendlich so gelöst, dass wir immer um 4 Uhr aufgestanden sind und bis mittags eigentlich schon fast die gesamte Etappe gefahren sind. Das ging tatsächlich ganz gut. Was uns jedoch zusätzlich zu schaffen machte, waren die sehr vielen und wiederkehrenden Verbotsschilder. So ziemlich alles, was wir in den Vereinigten Arabischen Emiraten gemacht haben, war verboten. Radfahren auf den großen Straßen: verboten
Mit dem Zelt übernachten: verboten
In einem Park als nicht
Anwohner Pause machen: verboten
Das Schlimmste war, dass alle Straßen, wirklich alle, eingezäunt sind. Und zwar nicht mit kleinen Zäunen, sonder mit so richtig ordentlichen (weil alle sonst dort lang fahren). Kilometerweit fuhren wir auf Straßen einfach geradeaus, immer begleitet von einem Zaun nebenher. Kurz gesagt: Wir hatten also recht schnell den Drang das Land möglichst rasch wieder zu verlassen. 

Also, schnell noch den Fahrradtrack mitten in der Wüste angeschaut (sehr beeindruckend und durchaus benutzt, aber halt auch irgendwie sinnlos), eine Kamelrennbahn besichtigt, und große Sanddünen neben der Straße bewundert (auch eingezäunt). Dann zur Grenze geradelt und uns die einzigen kleinen Berge von vollgeladenen Sand LKWs hoch ziehen lassen (es war also nicht alles schlecht). Und dann, Oh man, oh man, waren wir auch schon im Oman.  

Oman
Im Oman angekommen, war das Meiste schon viel besser. Es gab keine Zäune mehr, man darf überall Radfahren, Zelten auch und die Menschen hupen einem wieder freundlich zu und sind interessiert und aufgeregt, wenn sie uns sehen. Gleichzeitig wird man aber nicht umlagert oder dauernd in Gespräche verwickelt. Die Omanis sind einfach sehr höflich und unaufdringlich. Rundum nette Menschen. 

Zudem ist auch der Oman im Vergleich zu den letzten Monaten ein Land mit einem sehr hohen Lebensstandard. Auch hier gibt es große, breite Straßen, sehr große Häuser (die sehen aus wie kleine Burgen) und auch wieder dicke Autos. Alles ist ordentlich und sauber und noch dazu ist die Landschaft wirklich schön. Und das Allerbeste ist, dass es überall eisgekühltes Wasser gibt. Egal wie weit man im Nirgendwo ist, es gibt immer einen riesigen Wassertank mit einer Kühlanlage, aus der man Wasser zapfen kann. Meist mitten neben der Straße. Das ist der absolute Wahnsinn. Wir haben uns jedes Mal wieder wie kleine Kinder gefreut, wenn wir wieder einen Wassertank gesehen haben. Befüllt werden die Tanks von blauen Wassertankautos, die überall durch den Gegend fahren. 
Und dann noch die Kamele!!! Die laufen hier einfach so rum, ebenfalls mitten im Nirgendwo taucht plötzlich ein Kamel auf der Straße auf. Oft sind die Tiere recht zutraulich, zum Teil auch zahm, sodass wir sie häufig aus der Nähe betrachten konnten. Die Viecher sind einfach so verrückt. Mit ihrem langen Hals und ihrem unförmige Körper, konnten wir uns immer tierisch amüsieren (höhö). Und wenn man einmal gesehen hat, wie geschickt sie die Dornenbüsche abfressen, dann muss man einfach Kamelfan sein. Ihre Wabbellippen haben offenbar nicht sonderlich viele Nervenzellen, denn mit denen können sie Megapieksedornen einfach abzupfen. Sehr faszinierend!

Endlich wieder entspannt reisen
Je weiter wir also durch den Oman fuhren, desto entspannter wurden wir. Es gab Wasser, es gab alle paar Kilometer einen Laden zum Einkaufen und es gab herrliche Landschaft mit phantastischen Schlafplätzen. Einzig und allein eine Kleinigkeit bereitete uns zunehmend Sorgen. An einer Felge hatte eine Speiche beschlossen herauszubrechen. Wie das passiert ist, wissen wir nicht. Wir konnten nur beobachten, wie mit jedem Tag mehr Speichen einen Riss in der Felge verursachten. Überzeugt, dass es noch eine Weil erhalten wird, fuhren wir trotzdem durch die Berge und konnten uns am Bergpanorama gar nicht satt sehen. Wir blieben dabei morgens ziemlich früh aufzustehen, denn auch im Oman ist mit der Mittagshitze nicht zu spaßen. 

Kurzer Einschub:
Eigentlich ist das auch lustig zu beobachten, denn hier ist alles andersherum: das Auto wird laufen gelassen damit die Klimaanlage weiter läuft; es gibt keine Schneeschieber, sondern Sandschieber; hohe Heizkosten gibts nicht, dafür aber vermutlich Kühlkosten und wenn man aus dem Auto steigt und ins Büro eilt, dann nicht weil es kalt ist, sondern viel zu warm…

Mittags gab’s also jedenfalls wieder lange Pausen und nachmittags mussten wir uns dann aber sputen, weil es recht schnell dunkel wird. Nachmittags ärgerte uns dann leider meistens der Wind, der uns vormittags oft viele Kilometer in den Rücken blies. Jedoch drehte er mittags immer, sodass die Nachmittage zum Teil sehr zermürbend waren. Die nackte, kahle Landschaft gibt dem Wind alle Möglichkeit ordentlich übers Land zu fegen.

Wadis
Dafür entschädigten uns abends aber die Wadi Täler mit ihren Flussbetten. Wadis sind Flusstäler, die zwar die meiste Zeit trocken liegen, aber wenn sie Wasser führen wunderschön sind. Wir hatten das Glück einige Male Wasser zu finden und somit auch richtige kleine Oasen mitten in den kargen Bergen. Das Wasser ist kristallklar und herrlich um darin zu baden. Manche Täler haben richtig große Pools, andere haben nur kleine Rinnsale. Wir haben vermutlich nur einen Bruchteil der Schönheit gesehen und waren schon sehr begeistert. Wenn es aber im Oman mal regnet, muss das ein fantastisches Spektakel der Natur sein. Die Täler werden dann sicherlich noch grüner und erwachen zum Leben. Allerdings haben wir auch die Spuren von extremen Fluten und Wassermassen gesehen, die die Täler runterkommen und mit ihnen alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Die Straßenabbrüche und Auswaschungen, die wir gesehen haben, waren erschreckend. Wieder einmal liegt Schönheit und Schrecken sehr dicht beieinander. 

Erstmalig
Zum ersten Mal auf dieser Reise hatten wir mal einige Tage hintereinander, die sich recht ähnlich angefühlt haben. Fast wie Routine: aufstehen, radfahren, einkaufen, laaaange Pause machen, radfahren, Schlafplatz suchen, kochen, Sterne gucken, schlafen. Die Landschaft blieb gleichbleibend schön und änderte sich wenig, die Orte sehen oft sehr gleich aus und auch das Wetter ist immer gleich (heiß). Zum ersten Mal sind wir auch recht viele Tage am Stück gefahren, was unsere Hintern durch das viele Schwitzen auch erstmalig herausforderte.

Es gibt also nach wie vor viele erste Male, obwohl wir nun schon fast ein halbes Jahr unterwegs sind. Eigentlich ist jeder Tag ein neues kleines Abenteuer, aber ein bisschen Erfahrung bringen wir ja mittlerweile auch mit. Es ist trotzdem verrückt festzustellen, wie viel wir noch nicht erlebt und erfahren haben. Gefühlt wird die Welt immer größer statt kleiner, obwohl wir reisen. Aber je mehr wir sehen und erleben, desto mehr erkennen wir auch, wie viel wir noch nicht gesehen haben und wie viel es noch zu entdecken und erkunden gäbe. 

Nie habe wir vorher vom Oman gehört. Dann erzählt uns jemand davon und nun sind wir tatsächlich dort gewesen. Das wiederum hat auch dazu geführt, dass unser Interesse an der arabischen Halbinsel mit all seinen Ländern plötzlich total gestiegen ist. Auf einmal werden Zusammenhänge viel klarer und weltpolitische, geschichtliche und aktuelle Themen sind plötzlich nicht mehr nur ein leerer Name und Fakten. Alles ergibt viel mehr Sinn und vieles können wir nun viel besser einordnen. Gleichzeitig öffnen sich damit aber auch wieder riesige Welten, durch die man nicht mal im Ansatz durchsteigt.

Andere Welt
Die arabische Welt ist definitiv faszinierend. Und der Oman als weiteres muslimisches Land ebenfalls. Es ist faszinierend, wie unterschiedlich die Religion in den einzelnen Ländern gelebt wird und welche Auswirkungen sie auf das Leben der Menschen hat und welche es auch auf uns hat. Im Oman haben wir uns wieder pudelwohl gefühlt. Obwohl die Unterschiede größer nicht sein könnten zwischen dem uns bekannten Leben und dem Leben hier. Der Grund dafür ist hauptsächlich die Art der Menschen. Die Omanis sind wirklich unglaublich nette Menschen, ohne dabei oberflächlich zu sein. Sie meinen es wirklich einfach gut mit einem und obwohl wir so anders aussehen, werden wir überall freundlich und herzlich willkommen geheißen. 

Problem gelöst 
Somit konnten wir auch unser Felgenproblem lösen. Durch die Hilfe eines unglaublich lieben Fahrradladenmitarbeiters, der für uns rumtelefoniert hat, haben wir eine neue Felge gefunden. Der Laden, der die Felge hatte, hatte wiederum auch zwei ganz wundervolle Mitarbeiter, die uns alles eingebaut haben und obendrein völlig unproblematisch Hilfe für unseren Flug angeboten haben. Dafür brauchen wir nämlich Fahrradkisten und die bringen sie uns zum Flughafen. Wir konnten es selber kaum glauben! Wenn es doch nur immer so einfach wäre. Es ist wundervoll zu erfahren, dass es eigentlich überall nette und hilfsbereite Menschen auf der Welt gibt. Schade, dass man manchmal daran zweifelt. 

Unsere Reise über Land endet nun an dieser Stelle. Von hier aus kommen wir nicht so richtig weiter gen Osten. Darum steigen wir also ins Flugzeug und hoffen dass wir und die Drahtkamele heile ankommen.

Und dann schauen wir mal, ob wir dort auch nette Menschen finden. Wohin es geht erfahrt ihr bald, aber als kleinen Tipp: wir wollen endlich mal wieder grün sehen! 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Klaus und Petra

    Wiederum ein geiler Reisebericht! Na ja es ist eben wahr wenn es heißt“es ist nicht alles Gold was glänzt“. Warten gespannt auf eure Erlebnisse in Vietnam und wünschen euch weiterhin eine schöne, erlebnisreiche Zeit.

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